Erwartungswert

Der Erwartungswert bezieht sich immer auf eine bestimmte Zufallsgröße X.

Der Erwartungswert gibt den gewichteten Mittelwert der Wahrscheinlichkeiten für die einzelnen Ausprägungen der Zufallsgröße an, das Gewicht der einzelnen Werte ist dabei der Wert der Ausprägung.

Man macht also nichts anderes, als wenn man den Mittelwert mit Hilfe der relativen Häufigkeiten ausrechnen würde, z.B. beim Berechnen eines Klassendurchschnitts aus dem Notenspiegel. Beim Erwartungswert könnte man genauso zur Lösung kommen, wenn man den Mittelwert für 100 Versuche ermittelt (bei einer Wahrscheinlichkeit von 5% wäre zu erwarten, dass das Ergebnis bei 100 Versuchen 5 mal eintritt).

Für die Berechnung ergänzt man die Wahrscheinlichkeitsverteilung um eine dritte Spalte:

X=a P(X=a) a $\cdot$ P(X=a)
$\vdots$ $\vdots$ $\vdots$

Der Erwartungswert E(x) = $\mu$ ist dann die Summe der Einträge in der Spalte.

Für umfangreichere Wahrscheinlichkeitsverteilungen bietet sich die Berechnung mit Hilfe einer Tabellenkalkulation an (Derive bietet hier keine Berechnungshilfe).

Beispiel: Spielautomat

Zufallsversuch: Gewinnspiel am Spielautomat

Zufallsgröße X: ausgezahlter Betrag

Gesucht: E(X), also den im Mittel zu erwartenden Gewinn

Wahrscheinlichkeitsverteilung (mit gegebenen Wahrscheinlichkeiten) und dritter Spalte

Ausgezahlter Betrag, X=azugehörige Wahrscheinlichkeit, P(X=a) a~*~P(X=a)
0,000,250
0,200,400,08
0,500,200,1
1,000,100,1
2,000,050,1
Summe:0,38

Der Erwartungswert ist hier also $\mu$ = 0,38, im Schnitt kann also mit einer Auszahlung von 0,38 € pro Spiel gerechnet werden - bei einem Einsatz von 0,5 € pro Spiel muss man also im Schnitt mit 0,12 € Verlust pro Spiel rechnen.

Zum selben Ergebnis, im Schnitt 0,12 € Verlust pro Spiel, kommt man, wenn man für die Zufallsgröße X nicht den ausgezahlten Betrag, X=a, nimmt, sondern den Gewinn, also die Differenz von Einsatz und ausgezahltem Betrag, X=0,5-a:

X=aGewinn, X=0,5-aP(X=a) (0,5-a) $\cdot$ P(X=a)
0,00-0,500,25-0,125
0,20-0,300,40-0,12
0, 500,000,200
1,000,500,100,05
2,001,500,050,075
Summe:-0,12

Erwartungswert einer Binomialverteilung

Binomialverteilungen

Die überlagerten Histogramme stellen die Binomialverteilung eines Versuches mit 50 Wiederholungen dar, von links nach rechts mit steigender Erfolgswahrscheinlichkeit p (0.1, 0.2, 0.4, 0.5, 0.7, 0.8).

Aus den Histogrammen wird auch nochmal deutlich, dass mit größer werdender Erfolgswahrscheinlichkeit die zu erwartende Anzahl der Erfolge größer wird.

Rückblick: Um den Erwartungswert E(X) einer Wahrscheinlichkeitsverteilung zu bestimmen, bildet man die Summe aller Produkte k $\cdot$ P(X=k):

\[E(x) = \sum_{0}^{n} ~k~\cdot~P(X=k)\]

Da $P(X=k)$ bei der Binomialverteilung eine bekannte Funktion ist, kann man sich mit Hilfe des Summen-Befehls von Derive sogar die Mühe der Excel-Tabelle ersparen:

sum(k*binomial_density(k, n, p), k, 0, n)

berechnet direkt den Erwartungswert einer Binomialverteilung mit bekanntem n und bekannten p.

Für die oben angegebenen Wahrscheinlichkeiten ergeben sich mit n = 50 die folgenden Erwartungswerte:

E0.1(X) = 5~~ E0.2(X) = 10~~ E0.4(X) = 20 ~~ E0.5(X) = 25 ~~ E0.7(X) = 35~~ E0.8(X) = 40

Hier könnte man vermuten, dass sich die Erwartungswerte einer Binomialverteilung auch einfacher berechnen lassen - schließlich werden die einzelnen Wahrscheinlichkeiten P(X=k) jeweils von derselben Erfolgswahrscheinlichkeit p bestimmt.

Durch diverse Termumformungen, bei denen man sich des Zusammenhangs des Binomialkoeffizienten mit den Termen (a + b)n bedient, kann man dann allgemein zeigen, dass der Erwartungswert einer Binomialverteilung durch das Produkt aus Erfolgswahrscheinlichkeit und Anzahl der Versuchswiederholungen berechnet wird.

Erwartungswert der Binomialverteilung: \[E(x) = \mu = p~\cdot~n\]

Um diese einfache Berechnungsmöglichkeit, die aber nur für die Binomialverteilung gilt, von der allgemeinen Berechnung eines Erwartungswertes abzugrenzen, hat man hier den Buchstaben mu als Zeichen eingeführt. Dieses Symbol verdeutlicht auch nochmal den Bezug des Erwartungswertes zum Mittelwert - die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Erfolgszahlen k entsprechen dann den relativen Häufigkeiten bei der Mittelwertsberechnung.

Eigenschaften des Erwartungswertes

Der Erwartungswert einer Wahrscheinlichkeitsverteilung muss immer in der Nähe der Erfolgszahl k mit der größten Wahrscheinlichkeit liegen, da dieser Wert besonders stark den Mittelwert bei der Berechnung des Erwartungswertes beeinflusst.

Bei Binomialverteilungen gilt dann, dass der Erwartungswert $\mu$, wenn $\mu$ ganzzahlig ist, gleich der Erfolgszahl $k$ mit der maximalen Wahrscheinlichkeit ist.

Ist der Erwartungswert $\mu$ nicht ganzzahlig, so liegt die Erfolgszahl $k$ mit der maximalen Wahrscheinlichkeit immer zwischen $\mu + p - 1$ und $mu + p$, $p$ steht dabei wieder für die Erfolgswahrscheinlichkeit.

Weitere Eigenschaften der Binomialverteilung

  • Bei kleiner Erfolgswahrscheinlichkeit p ist der Wert np, also der Wert k mit maximaler Wahrscheinlichkeit, auch klein - im Histogramm ist der „Hügel“ also deutlich nach links verschoben.
  • Bei großer Erfolgswahrscheinlichket p ist der Wert np auch groß - im Histogramm ist der „Hügel“ also deutlich nach rechts verschoben.
  • Bei p = 0,5 liegt das k mit maximaler Erfolgswahrscheinlichkeit genau in der Mitte der möglichen Erfolgszahlen, der „Hügel“ im Histogramm liegt also auch genau in der Mitte und ist auch spiegelsymmetrisch zum maximalen Wert.
  • Will man das Histogramm für die Erfolgswahrscheinlichkeit 1-p bestimmen, so kann man das Histogramm für p an der Mitte des Darstellungsbereichs spiegeln.
  • Bei kleiner Anzahl an Versuchswiederholungen verteilt sich die Summe der Wahrscheinlichkeiten, 1, auf wenige Werte - das Maximum ist vergleichsweise groß und der „Hügel“ vergleichsweise schmal.
  • Je größer n ist, desto breiter wird der „Hügel“ und desto niedriger wird das Maximum.
schule/ma/regelns2/sto/erwartungwert.txt · Zuletzt geändert: 2018/06/09 12:05 von ahrens
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